Ich sitze hier am Flughafen, bin unterwegs nach Berlin, und m�chte ein
paar Zeilen schreiben zu den Ver�nderungen, die mit mir stattgefunden
haben, seit dem ich mit Kali arbeite.
Die allererste Ver�nderung hat indirekt mit dem Flughafen zu tun, denn
Kali�s Spiritualit�t ist eine, die mitten drin im Leben stattfindet und
im Alltag verwurzelt ist. Ich wollte M�nch werden, war ein Jahr lang in
einem Kloster, - und habe dort versucht, eine Spiritualit�t als
Gegenentwurf zum praktischen Leben aufzubauen. Doch, und das habe ich
von Kali gelernt, eine geistige Haltung muss sich im Alltag bew�hren,
noch mehr sogar: eine reife spirituelle Haltung begreift die
Herausforderungen des Alltags als spirituelle Aufgaben. Vor allem die
Liebe ist nur dann eine wahre, wenn sie auch im Gegenwind oder sogar im
Sturm aufrechterhalten bleibt; - in einer k�nstlichen Gemeinschaft mit
k�nstlichen Regeln bleibt auch die Liebe oft k�nstlich und abstrakt.
(Was aber nicht bedeutet, dass im Kloster keine aufrichtige Liebe
gedeihen kann)
Unmittelbar zu diesen Gedanken m�chte ich noch folgendes hinzuf�gen: von
Kali habe ich auch gelernt, dass alle uns zur Verf�gung stehenden
Impulse, Kr�fte und Energien in ihrem Ursprung �g�ttlich� sind, ich kann
auch alternativ sagen: rein sind. Allem voran erw�hne ich die Sexualit�t
und die Aggression. Und ich tue das erneut in Bezug auf mein
Klosteraufenthalt: vor allem diese beiden Energiegruppen werden in den
Kl�stern verdr�ngt. Dies sichert einerseits den Gruppenzusammenhalt
(zusammen mit dem detailliert ausgearbeiteten rituellen Ger�st), doch
andererseits l�sst die Verdr�ngung die betreffenden Energien keineswegs
verschwinden. Eine allgemeine K�lte macht sich breit, als Folge der
kollektiven Verdr�ngung.
Kali�s Spiritualit�t, und das m�chte ich ausdr�cklich betonen, ist
GANZHEITLICH. Dies wird das einzige Wort sein, das ich mit
Gro�buchstaben schreibe. Sie gr�ndet eher auf Verst�ndnis als auf
Bek�mpfung, und sie sucht immer einzigartige L�sungen f�r individuelle
Problemstellungen. F�r das Gegenbeispiel ziehe ich wieder meine
Erfahrungen aus dem Kloster herbei: institutionalisierte Religionen
bieten einen verallgemeinerten, f�r alle g�ltigen Erl�sungsweg an:
�F�hre die oder jene Gebete so oft durch, glaube dies oder jenes, und
dann wirst du gerettet werden�. Dies kann gar nicht anders sein, da eben
dieses verallgemeinerte Rettungsschema die Identit�t der betreffenden
Religion ausmacht. So ein gro�es Gebilde, dessen Botschaft dazu noch oft
in ein einziges Buch komprimiert werden muss, kann sich die Flexibilit�t
nicht erlauben, und auch nicht das �Psychologisieren�, das Eingehen auf
die individuellen Bed�rfnisse der Suchenden also.
Nun werde ich doch ein zweites Wort mit Initialen schreiben: Kali�s
Spiritualit�t ist modern und existentiell, weil sie die L�sung
INDIVIDUELL sucht. Das Individuum hat Vorrang gegen�ber jeder Ideologie,
gegen�ber jeder vermeintlich �absoluten� Lehre. Sie ist auch
ERFAHRUNGsbetont, (ich sehe, es kommen immer mehr Schl�sselw�rter
hinzu) da sie von niemandem verlangt, Dinge zu glauben, die nicht zur
Erfahrung geworden sind. Jeder beginnt diesen Weg zu gehen, mit seinem
eigenen Erfahrungsschatz, es gibt keine Glaubenss�tze die angenommen
werden m�ssen. Der externe Ballast ist federleicht, die einzige
Auseinandersetzung ist mit mir selber. Dies ist eine weitere
existentielle und moderne Eigenschaft von Kali�s Arbeit, und ebendiese
Eigenschaft macht mir oft Angst, da ich mich an �u�ere Wahrheiten nicht
halten kann, dagegen bin ich st�ndig mit dem eigenen Abgrund
konfrontiert. Kali�s Ratschl�ge und ihr pers�nlicher Einsatz wirken
unterst�tzend, ihre Liebe st�rkt mich, doch den Weg muss ich alleine, in
eigener Verantwortung gehen. Sie ist keine Lehrerin, die Projektionen
annimmt, wie manche �stliche, vor allem indische Gurus, welche die Rolle
eines allm�chtigen Vaters oder einer allm�chtige Mutter spielen und
dadurch ihre Sch�ler entm�ndigen. Sie ist ein Mensch.
...Nun sitze ich wieder am Flughafen, auf dem R�ckflug von Berlin nach
Wien. Das trifft sich gut, denn ich m�chte mit dem zweiten Teil meines
kleinen Berichtes anfangen: mit einer Beschreibung der Arbeitsweise
Kali�s, diesmal von der praktischen Seite. (So wie der erste Teil eher
eine philosophisch-weltanschauliche Einordnung ihrer Arbeitsweise
beinhaltet hat).
Und weil ich meine Botschaft komprimieren m�chte, w�hle ich ein einziges
grundlegendes Bild aus, um Kali�s Methode darzulegen: wenn wir den
Menschen als ein hochkomplexes Energiesystem betrachten, dann gibt es
Energien, die dieses System abk�hlen, und Energien, die ihn erw�rmen.
Doch bevor ich dieses Bild etwas detaillierter ausarbeite, m�chte ich
eine berechtigte Kritik vorwegnehmen, welche die ausgew�hlte Definition
des Menschen als ausschlie�lich mechanistisch oder unpers�nlich ablehnt.
Ja, ich habe bei dieser Definition Freiheit, Einmaligkeit, W�rde und
Personalit�t des Menschen nicht betont, doch will ich keineswegs den
Menschen auf eine Energiemaschine reduzieren. Im ersten Teil dieses
Berichtes habe ich gezeigt, wie wichtig mir diese anderen Eigenschaften
sind.
Der Energiebegriff ist sehr gut geeignet, um Kali�s Arbeit zu
beschreiben. Er ist neutral, unideologisch (im Gegensatz zu Begriffen
wie �S�nde� oder �pers�nlicher Gott� zum Beispiel) und jeder kann damit
was anfangen. Anstelle von �Energie� k�nnte ich �Libido� im Sinne von
C.G.Jung verwenden, doch damit w�rde ich wieder die Wahrnehmung des
Lesers einschr�nken.
Auf einer Art von Grund-Achse aller Energien, Affekte, Leidenschaften
und Regungen finden wir welche, die unsere Seele einfrieren, wie
beispielsweise Angst oder Verachtung, und andere, die unser �System�
erw�rmen, wie unter g�nstigen Umst�nden die Sexualit�t oder vor allem
und immer die Liebe. Im Gro�en und Ganzen geht es bei Kali�s Arbeit
darum, die Erw�rmung zu f�rdern und die Abk�hlung zu vermeiden. Dazu
kommen noch aufdeckende Techniken wie die Selbstbefragung, die
Untersuchung der eigenen Beweggr�nde und der sokratische Dialog, mit
einem Wort, die psychologische Analyse. Kali ist keine professionell
ausgebildete Therapeutin, und ihre Arbeit ist auch kein Ersatz f�r eine
solche Behandlung, doch sch�pft sie sehr wohl aus dem Gedankengut Freuds
oder Jungs. Die Denkmuster der beiden gro�en Therapeuten des vorigen
Jahrhunderts sind uns ja nicht fremd, sie geh�ren mittlerweile zur
Allgemeinbildung, und jeder westliche B�rger kann mit W�rtern wie
�Verdr�ngung� oder �Archetypus� etwas anfangen.
Am Ende dieser kleinen Zusammenfassung der praktischen Aspekte ihrer
Arbeit m�chte ich nun zu Kali�s Schokoladenseite kommen: das
H�ndeauflegen. Sie hat die Gabe, l�sende, st�rkende, heilende Energien
durch ihren K�rper und speziell durch ihre H�nde zu leiten. Diese
Energien dringen jedes Mal in mich hinein, ihre Arbeit an der richtigen
und notwendigen Stelle verrichtend. Doch auch eine Warnung m�chte ich an
dieser Stelle aussprechen. Ergebnisse habe ich nicht sofort gesehen.
Manchmal hat es Monate gebraucht, bis ich verstanden habe, welche
langfristige Ver�nderungen durch diese Arbeit m�glich werden. Ich sage
absichtlich �m�glich werden�, denn ohne die aktive Unterst�tzung des
Empf�ngers dieser Energien werden diese versickern, tats�chlich wie
Wasser in der W�ste.
Und die aktive Unterst�tzung wiederum bedeutet die Umsetzung der in den
Gespr�chen gewonnenen Erkenntnisse, die Umsetzung in den Alltag hinein.
Das behutsame doch bestimmte Hineingehen in die gefahrvollen,
schmerzvollen, blockierenden Situationen, weiterhin die Aufarbeitung der
Vergangenheit f�hren langsam zu Klarheit und Kraft.
Doch das ist das schwierigste.
...Bald wird mein Flugzeug in Wien landen; vor der Landung aber will ich
in einem dritten Abschnitt noch etwas detaillierter �ber diese
faszinierenden und unheimlichen Energien schreiben.
Angst, Aggression, Verachtung, Hochmut lassen unsere Seele kalt werden.
Doch vor allem die VERDR�NGUNG dieser Kr�fte f�rdert das Einfrieren der
Seele, und darauf folgend, auch des K�rpers. (Denn der K�rper ist das
Tor zur Transzendenz). Erstaunlich, - sage ich mir jedes Mal - , denn
eine Welle von Aggression, ins Bewusstsein gelassen und dann ausagiert,
ohne die Zielperson zu verletzen, ist etwas gesundes, sogar notwendiges.
Nur die Verdr�ngung f�rdert den seelischen Stau, die Verkrampfung des
K�rpers, und langfristig, wegen der Somatisierung, auch die Entwicklung
psycho-somatischer Krankheiten. Die Kunst, Aggression in die Welt
hinauszulassen, zum Ausdruck zu bringen, ohne die gemeinte Person zu
verletzen muss allerdings m�hsam gelernt werden.
Doch das Prinzip ist allgemeing�ltig: nur die Verdr�ngung schafft eine
Wand zwischen Bewusstem und Nichtbewusstem, und versperrt so das
Einstr�men auch anderer, �w�rmender� und heilender Kr�fte ins
Bewusstsein.
Durch das H�ndeauflegen beginnt diese Wand zu schmelzen.
Kurz m�chte ich noch weitere M�glichkeiten erw�hnen, welche die
Integration dieser Kr�fte und dadurch die allgemeine Bewusstwerdung
f�rdern. M�glichkeiten, die nicht unmittelbar mit Kali�s Arbeit
verbunden sind, aber diese sicherlich erg�nzen. K�nstlerischer Ausdruck,
und damit meine ich nicht Werke, die auf dem Kunstmarkt einen K�ufer
finden, sondern den Ausdruck als Form der Integration: Tanzen, Malen,
Tagebuch schreiben ist eine dieser M�glichkeiten.
Und eine weitere, sehr wichtige, aber auch sehr schwierige: die
Integration eines verdr�ngten und deswegen als bedrohlich empfundenen
Gef�hls im Gespr�ch mit der betroffenen Person.
Das vor�bergehende Auftauchen bedrohlicher, unangenehmer Kr�fte in der
Psyche ist noch kein Problem, nur die Verdr�ngung schafft eines.
So,... eben haben die R�der f�rchterlich gequietscht, und ein Ruck ging
durchs ganze Flugzeug. Ich schlie�e meinen kurzen Bericht mit der
Feststellung, dass ich in Kali jemanden gefunden habe, der lebendige
spirituelle Erfahrung mit einer gesunden Portion Menschenverstand und
einer weiteren, gro�en Portion Humor verbindet. Das tut mir gut, nach
mehreren absolutistisch-radikalen Versuchen, Spiritualit�t in mein Leben
zu integrieren.
Robert
Dezember 2006