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Liebe & Bedingung
Sigurd Waldbüßer schrieb am 17. Dezember 2002 um 20:57 Uhr (632x gelesen):

Sehr geehrter Freund,

warum nur haben Sie sich von Ihrer wunderbaren Frau scheiden lassen? Als Sie sich in jungen Jahren in sie verliebten, bewunderten Sie ihre Schönheit und Eleganz, schworen ihr ewige Treue und Liebe bis über den Tod hinaus. Bedingungslos sollte Ihre Liebe sein (so sagten Sie damals) und nichts könne jemals etwas daran ändern.

Doch dann wurde Ihre Geliebte fett und bekam gelbe Zähne und Warzen. Mit der Zeit wussten Sie nicht mehr, was Sie mit ihr bereden sollten und es wurde Ihnen langweilig. Überhaupt, so sagen Sie heute, habe sie sich mit der Zeit in eine egozentrische Furie verwandelt.

War Ihre Liebe vielleicht doch nicht ohne Bedingungen? [...]


Die Frage, die sich hier stellt, ist die, ob es bedingungslose Liebe gibt.

Orientiert man sich an den Aussagen einiger Psychologen, so sieht die Lage
ziemlich nüchtern aus:

[...] Die meisten Menschen haben von der Ehe und der Liebe eine sehr unklare und oft sogar falsche Vorstellung. Kein Wunder. In den Texten der Liedermacher und Schriftsteller werden die Liebe und Ehe sehr oft verherrlicht und als das höchste Glück des Menschen hingestellt. Da ist die Rede von Erfüllung, einem starken Band, das zwei Menschen verbindet, Glück, inniger Zuneigung, menschlicher Wärme, gebrochenen Herzen und Romantik. All das hat jedoch mit Liebe und Partnerschaft sehr wenig zu tun. Für uns als Psychotherapeuten und Eheberater stellt sich die Wirklichkeit oft ganz anders dar. Sie ist für viele Menschen sehr ernüchternd wie eine kalte Dusche. Da sind nämlich oft Ärger oder gar Hass im Spiel, Feindseligkeit, Ablehnung, Eifersucht und Frustrationen bestimmen den Alltag.

[...]

Liebe ist ein Gefühl, das Sie für jemanden empfinden, der Ihnen das gibt, was Sie möchten. Liebe ist im Grunde also etwas sehr Egoistisches. [...] Sie lieben einen anderen Menschen nie um seiner Selbst willen, sondern immer nur, weil er gewisse Wünsche von Ihnen befriedigt. Warum werden so viele Ehen geschieden und warum weicht die Liebe so oft der Gleichgültigkeit oder gar der Ablehnung? Weil der eine vom anderen nicht mehr das bekommt, was er möchte: Anerkennung, Sex, Bestätigung, Zärtlichkeit, Verständnis, Zuwendung, usw.
Menschen trennen sich und hören auf, Liebe für einen anderen zu empfinden, wenn ihre Bedürfnisse nicht mehr befriedigt werden [...]

Bsp:

"Ingrid heiratete Dieter vor allem aus zwei Gründen. Sie bewunderte seinen guten Körperbau und sein selbstsicheres Auftreten. Nach der Heirat dauerte es jedoch nicht lange und Dieter ging wie ein Hefeteig auseinander. Er trieb keinen Sport mehr und achtete wenig auf seine Ernährung. Beruflich musste er ein paar Nackenschläge einstecken, die stark an seinem Selbstbewusstsein rüttelten. Ingrid ließ sich nach 2 Jahren scheiden. Dieter war nicht mehr der Mann, den Sie geheiratet hatte."


Sollte Liebe also doch nur eine Illusion sein? Was würde das implizieren?

Dass all die gegenseitige Freundlichkeit zwischen Menschen nur schmierige Heuchelei ist?

Dass wir alle hinter unsern liebevollen Masken gierige, erbarmunglose Raubtiere sind, die versuchen sich ein möglichst großes Stück von der Torte des Lebens abzuschneiden?

Würde, wenn der Autor, des obigen Textes recht hätte, dies nicht automatisch auch eine Negation Gottes bedeuten (Gott = Liebe)?

Liebe ich z. B. meine Eltern nur, weil sie mich finanziell unterstützen und mir social support geben?


Vielleicht haben Autoren, die eine solche Ansicht vertreten recht. Es stimmt ja schließlich: würdest Du Dich tief und innig in eine verschrumpelte 80jährige mit Hängetitten bis zum Bauchnabel und Krampfadern an den Waden, dass es wie auf einer Weltkarte aussieht verlieben?

Zum Glück gibt es da jedoch noch andere Meinungen!

Hier einige Ausschnitte aus "Die Kunst des Liebens" (Erich Fromm):

"[...] Der Mensch [...] ist Leben, das sich seiner selbst bewusst ist. [...] Dieses Bewusstsein seiner selbst als einer eigenständigen Grösse, das Gewahrwerden dessen, dass er eine kurze Lebensspanne vor sich hat, dass er ohne seinen Willen geboren wurde und gegen seinen Willen sterben wird, dass er vor denen, die er liebt sterben wird (oder sie vor ihm), dass er allein und abgesondert und den Kräften der Natur und der Gesellschaft hilflos ausgeliefert ist - all das macht seine abgesonderte, einsame Existenz zu einem unerträglichen Gefängnis. Er würde dem Wahnsinn verfallen, wenn er sich nicht aus diesem Gefängnis befreien könnte [...]

Die Erfahrung dieses Abgetrenntseins erregt Angst, ja sie ist tatsächlich die Quelle aller Angst [...]

Das tiefste Bedürfnis des Menschen ist demnach, seine Abgetrenntheit zu überwinden und aus dem Gefängnis seiner Einsamkeit herauszukommen. Ein absolutes Scheitern bei diesem Versuch führt zum Wahnsinn [...]"

Fromm nennt drei Wege der Überwindung des Abgetrenntseins:

- origiastiche Zustände (Drogen, Trance, sexuelle Vereinigung)
- Vereinigung, die auf der Konformität mit der Gruppe beruht (die bei weitem häufigste Lösung - Herdenkonfomität)
- schöpferisches Tätigsein (Künstler, Handwerker); Vereinigung mit dem Material

"[...] Die bei einer produktiven Arbeit erreichte Einheit ist nicht zwischenmenschlicher Art; die bei einer orgiastischen Vereinigung erreichte Einheit ist nur vorübergehend; die durch Konformität erreichte Einheit ist eine Pseudo-Einheit. Daher sind alle diese Lösungen nur Teillösungen für das Problem der Existenz. Eine voll befriedigende Antwort findet man nur in der zwischenmenschlichen Einheit, in der Vereinigung mit einem anderen Menschen, in der Liebe.

Dieser Wunsch nach einer zwischenmenschlichen Vereinigung ist das stärkste Streben im Menschen. Es ist seine fundamentalste Leidenschaft, es ist die Kraft, welche die menschliche Rasse, die Sippe, die Familie die Gesellschaft zusammenhält. Gelingt diese Vereinigung nicht, so bedeutet das Wahnsinn und Vernichtung - Selbstvernichtung oder Vernichtung anderer. Ohne Liebe könnte die Menschheit nicht einen existieren. [...]"

So ganz banal und nüchtern, wie die Liebe oben in dem psychologischen Text dargestellt wurde, ist sie denn dann wohl doch nicht aufzufassen.

Liebe wird im obigen Text als eine Art Geschäftsbeziehung betrachtet. Zum Thema "Geben und Nehmen" schreibt Fromm:

" [...] Neid, Eifersucht, Ehrgeiz und jede Art von Gier sind passiones, die Liebe dagegen ist eine actio, die Betätigung eines menschlichen Vermögens, das nur in Freiheit und nie unter Zwang möglich ist. Liebe ist eine Aktivität und kein passiver Affekt. Sie ist etwas, das man in sich selbst entwickelt, nicht etwas, dem man verfällt. Ganz allgemein kann man den aktiven Charakter der Liebe so beschreiben, dass man sagt sie ist in erster Linie ein Geben und nicht ein Empfangen.
Was heiße Geben? So einfach die Antwort auf diese Frage scheinen mag, ist sie doch tatsächlich doppelsinnig und ziemlich kompliziert. Das verbreitetste Missverständis besteht in der Annahme, geben heiße etwas ´aufgeben´, dessen man damit beraubt wird und man zum Opfer bringt. Jemand, dessen Charakter sich noch nicht über das Stadium der rezeptiven, ausbeuterischen oder hortenden Orientierung hinausentwickelt hat, erfährt den Akt des Gebens auf diese Weise. Der Marketing- Charakter (kicher) ist zwar bereit, etwas herzugeben, jedoch nur im Austausch für etwas anderes, das er empfängt; zu geben, ohne etwas zu empfangen, ist für ihn gleichbedeutend mit Betrogenwerden. Menschen, die im wesentlichen nicht- schöpferisch orientiert sind, empfinden das Geben als eine Verarmung. Die meisten Menschen dieses Typs weigern sich daher, etwas herzugeben [...]

[...] Für den produktiven Charakter hat das Geben eine ganz andere Bedeutung. Für ihn ist Geben höchster Ausdruck seines Vermögens. Gerade im Akt des Gebens erlebe ich meine Stärke, meinen Reichtum, meine Macht. Dieses Erlebnis meiner gesteigerten Vitalität und Potenz erfüllt mich mit Freude. Ich erlebe mich selbst als überströmend, hergebend, lebendig und voll Freude. Geben bereitet mehr Freude als Empfangen, nicht deshalb, weil es ein Opfer ist, sondern weil im Akt des Schenkens die eigene Lebendigkeit zum Ausdruck kommt. [...]

Im Bereich des Materiellen bedeutet Geben reich zu sein. Nicht der ist reich, der viel hat, sondern der, welcher viel gibt. Der Hortende, der ständig Angst hat, etwas zu verlieren, ist psychologisch gesehen ein armer Habenichts, ganz gleich, wieviel er besitzt. Wer dagegen die Fähigkeit hat, anderen etwas vo sich zu geben, ist reich. Er erfährt sich selbst als jemand, der anderen etwas von sich abgeben kann. [...]

Der wichtigste Bereich des Gebens liegt jedoch nicht im Materiellen, sondern im zwischenmenschlichen Bereich. Was gibt ein Mensch dem anderen? Er gibt etwas von sich selbst, vom Kostbarsten, was er besitzt, er gibt etwas von seinem Leben. Das bedeutet nicht unbedingt, dass er sein Leben für den anderen opfert - sondern dass er ihm etwas von dem gibt, was in ihm lebendig ist; er gibt ihm etwas von seiner Freude, von seinem Interesse, von seinem Verständnis, von seinem Wissen, von seinem Humor, von seiner Traurigkeit - von allem, was in ihm lebendig ist. Indem er dem anderen auf diese Weise etwas von seinem Leben abgibt, bereichert er ihn, steigert er beim anderen das Gefühl des Lebendigseins und verstärkt damit dieses Gefühl des Lebendigseins auch in sich selbst. Er gibt nicht, um selbst etwas zu empfangen; das Geben ist an und für sich eine erlesene Freude. Indem er gibt, kann er nicht umhin, im anderen etwas zum Leben zu erwecken, und dieses zum Leben Erweckte strahlt zurück auf ihn; wenn jemand wahrhaft gibt, wird er ganz von selbst etwas zurückempfangen. Zum Geben gehört, dass es auch den anderen zum Geber macht, und beide haben ihre Freude an dem, was sie zum Leben erweckt haben. Im Akt des Gebens wird etwas geboren, und die beteiligten Menschen sind dankbar für das Leben, das für sie beide geboren wurde [...]"

Das klingt doch schon ganz anders - findest Du nicht?



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