Hallo, Lilly!
>da habe ich mal unter der Rubrik Todesanzeigen gelesen, und festgestellt, das es in Österreich, ganz anders gemacht wird, als hier bei uns in NRW- total spannend, weiß hört sich jetzt evtl. makaber an- aber ich meine das Thema an sich, bei euch stehen ( habe mal im Archiv geblättert), sehr viel Anzeigen drin, als Erinnerungsanzeige an den Todestag, fast alle Anzeigen werden mit Foto gemacht, gibts bei uns gar nicht, und es gibt oft mehrere "Abende" nenne ich es mal, die man vor der eigentlichen Beerdigung, in der Kirche abhält. Kannst Du mir mal bei Gelegenheit erklären, wie und warum und was genau das bedeutet?<
Ich musste immer wieder feststellen, dass die evangelische Kirche mehr Bezüge zum Alten Testament hat, vor allem die puritanisch-calvinistische. Wie im alten Judentum gibt es kein Jenseits und der Tote wird schmucklos (bis zum Jüngsten Tag der leiblichen Wiederauferstehung) beigesetzt und dann ein Gedenkstein in die Wiese und das war's. (In den USA: ein Ministein mit Namen einfach flach in den Rasen, keine Blumen, gar nichts. Dafür bahrt man OFFEN auf und hält da eine Gedenkrede. Die Versenkung des Sargs in die Erde und seine beginnende Einbuddelung wird nicht von den Anwesenden mitverfolgt.) Die katholische Kirche in Bezug auf die Auferstehung und das Neue Testament ist viel mystischer und blumiger, auf die Grabsteine kommen Gedenksprüche, die Gräber werden reich verziert mit Blumen, Eisenkreuzen mit floralen Verzierungen oder Marmorplatten mit Aufdruck bis hin zu Plastiken. Genauso barock fallen die Anzeigen in den Tageszeitungen aus:
Wer es sich leisten kann, setzt ein Bild des Verstorbenen in die Zeitung mit näheren Angaben zum Leben des Verstorbenen, zum Tod, zur Beerdigung und zu den Angehörigen. Es werden die Partezettel auch an der Kirche angebracht oder sonstwie ausgehängt. Die Beerdigung selbst ist ein Ritual. der Tote wird in der Totenkapelle mit vielen Blumen und Kerzen aufgebahrt (meist so an die 2-5 Tage), wo sich jeder zum Gebet oder zur Verabschiedung einfinden kann. Hier kondoliert man auch die Angehörigen, spätestens kurz vor der Beerdigungszeremonie, und bringt Blumen und Kränze mit Sinnsprüchen, die zum Sarg gestellt werden.
Mitunter gibt es eine "Totenwache", in denen Angehörige einen Tag und eine Nacht abwechselnd beim Sarg ausharren, innere Zwiessprache halten und beten. (Adelige bis zu 3 Nächte.) (Früher fanden (offene) Aufbahrung und Totenwache direkt im Haus des Verstorbenen statt, heute nur noch abseits in bäuerlichen Gegenden, auch aus hygienischen Gründen, und nicht mehr offen, sondern im Sarg.) Zu früheren Zeiten fanden sich im Idealfall die näheren Angehörigen bereits zur Verabschiedung ein, wenn der Betreffende im Sterben lag, und warteten um das Bett. Auch der Priester, der dem Sterbenden die letzte Ölung, Gebet und ev. Eucharistie gab als Vorbereitung auf den (durch Reue sündenfreien) Tod. Die Ölung mit Chrisam und die Eucharistie sind dabei das Symbol der Verbindung mit Christus (esoterisch: dem Lebensprinzip an sich) und Gott. Die symbolische letzte Ölung auf die Stirn und das Totengebet kann dem Verstorbenen vom Priester notfalls auch nach seinem Tod gegeben werden in der Hoffnung, der Verstorbene habe seine Sünden vor dem Tod bereut und so seinen Frieden mit Gott gefunden. (Bis zu 3 Tage nach dem Tod, da man davon ausgeht, dass der Geist des Menschen noch bis zur Beerdigung "hier" ist. Man kann also noch mit ihm reden, er kann alles hören oder sehen. Ölung auf die Stirn: wie man einen König oder Priester salbt, oder ein Kind Gottes, einen Heiligen, salbt. Weil in Christus, d.h. in das ewige Leben, eingehend.) Früher trauerten die nächsten Angehörigen offiziell noch ein Jahr in schwarz oder mit schwarzer Armschleife, und wagte sich in dieser Zeit nicht, ein schlechtes Wort über den Verstorbenen zu sagen - wie gesagt, Besuche von Geistern sind ja immer möglich... Heute trauert man offiziell nur bis zur Beerdigung oder höchstens ca. 1 Monat. In dieser Trauerzeit sollte jedenfalls keiner heiraten, das brächte Unglück.
Ich muss nicht erwähnen, dass diese Bräuche in rationalen Zeitalter immer weniger durchgeführt werden, viele keinen Priester mehr holen. Am schrecklichsten ist wohl der Tod in einem Krankenhaus, wo man den Sterbenden auf den Gang schiebt oder in ein Nebenzimmer, damit andere von seinen Tod nicht "belästigt" werden, und sich vermutlich danach gleich auf die Organe stürzt.
Selbstredend gibt es auch immer mehr Nichtkatholiken, wo die Beerdigung nur eine kurze Verabschiedung am Grab vorsieht, bevor die Totengräber alles zugraben.
Juden u.a. Religionen haben eigene Bräuche und Friedhöfe direkt neben den katholischen. Ich habe es aber in meiner Stadt schon gesehen, das Moslems in einem christlichen Friedhof bestattet wurden, aber eben mit einem islamischen Stein. (Gott wird es schon nicht so tragisch nehmen. (Es gibt mitunter sogar für Moslems die Möglichkeit, in Kirchen zu beten, sofern ihre Ecke Richtung Mekka nicht unbedingt ein Kreuz ziert.)
Aber zurück zum katholischen Begräbnis. Normalerweise beginnt der Priester ein Gebet mit den Versammelten in der Kirche (Totenmesse) oder direkt in der Kapelle. Vielleicht trägt er dabei das Kapitel mit Lazarus aus der Bibel vor oder sonst etwas Passendes. Jedenfalls begeben sich alle dann zur Totenkapelle, wo Sargträger den Sarg unter Glockenläuten zum Grab tragen welches sich in heiliger (geweihter) Erde befindet. Vielleicht spielt man auch dabei Musik, oder die Lieblingsmusik des Verstorbenen. Oder was der verfügt hat - ich kannte mal jemand, der wollte alle Anwesenden zum Begräbnis in weiß haben und als Musik Dixieland. - Dort am Grab wird nochmals gebetet, ev. Erinnerungen an den Verstorbenen durch einen Vortragenden aufgefrischt, und in Rahmen dieser Messe gelangt der Sarg in die Erde, wo die Angehörigen Erde und Blumen nachwerfen, bevor die Totengräber beginnen, den Sarg zuzuschaufeln. (Später kommt darauf vorübergehend ein erstes Holzkreuz und der gesamte Blumenschmuck). Dies, damit die Anwesenden auch innerlich begreifen, dass der Verstorbene nun diese Ebene verlassen hat. (Ein psychologisch wichtiges Moment!)
Hier verabschieden sich die ersten Gäste, die an der Beerdigung teilgenommen haben, der Rest - ev. auch der eingeladene Priester - begibt sich zum Totenschmaus. Hier geht es normalerweise bereits viel lockerer und heiterer zu, weil ja der Schnitt gemacht worden ist und der Verstorbene offiziell diese Ebene verlassen hat. Je nach Vermögen der Angehörigen kann der Totenschmaus auch nur aus Wein, Bier, Würstel oder Suppe bestehen oder ein ganzes Menu für die Gäste, ähnlich einer Hochzeitsfeier. (Ev. auch geeignete Musik. Nur ohne Tanz.) Man hat Gelegenheit, sich noch mit den Angehörigen auszutauschen und über den Verstorbenen zu sprechen.
Bei einer Feuerbestattung läuft alles so ähnlich ab, nur trägt man die Urne und das Grab ist eben die Urnenstätte. Früher mal sah man die Feuerbestattung als heidnischen Brauch, der die leibliche Auferstehung am Jüngsten Tag behinderte, und zu sehr an Höllenfeuer (!Feuer der Hel, der Brandbestattung!) erinnerte. Daher war sie verboten. (Nur "nichtchristlichen" Ketzern, Häretikern und Hexen vorbehalten.) Heute sagt man, Gott könne jederzeit einen geistigen Leib erschaffen, wie auch die Auferstandenen am Jüngsten Tag eher einen solchen verklärten Leib erhalten. Daher ist die Begräbnisform egal.
Selbstmörder werden heute in geweihter Erde begraben wie normal christliche Verstorbene, weil die Kirche davon ausgeht, dass derjenige wegen Depressionen vorübergehend geistig unzurechnungsfähig war. Früher interpretierte man den Selbstmord als Verleugnung des Lebens an sich, Ablehnung des ewigen Lebens (und damit Christus/des Lebensprinzips und Gott). Durch die Ablehnung Gottes und des Kirchengebots kam er daher auch nicht in geweihte Erde eines kirchlichen Friedhofs und erhielt kein christliches Begräbnis. Eine echte Katastrophe für die Angehörigen.
Unbeschadet der direkten Beerdigung kann jedermann auch wann er will und sooft er will eine Messe für den Verstorbenen von einem Priester lesen lassen, wobei der und die Anwesenden den Verstorbenen im Gebet anrufen und für ihn und seine Seele beten und sie Gott anheimstellen.
Während die evangelische Kirche Luther feiert, feiert die Katholische Kirche weiterhin All Hallow Evening, d.h. Allerheiligen (1. Nov.) und Allerseelen (für normale Verstorbene, 2.11.). Bei uns werden die Gräber mit Blumen und brennenden Kerzen geschmückt, wer immer Anstand besitzt, besucht zumindest jetzt die Gräber seiner Angehörigen, die ohnehin jetzt fast einem Blumengarten zum Spazieren gleichen. Es gibt eine abendliche Messe direkt mitten am Friedhof, der Priester schreitet zuvor durch den Friedhof und segnet die Gräber. Immer wieder schön, wenn am Abend der Friedhof durch die vielen Kerzen erhellt ist. Noch weiter im Süden von Österreich, etwa in Klagenfurt, sind die Friedhofe bis 20 oder gar 22 Uhr offen, und man geht auch den ganzen Tag da spazieren und bewundert den Blumenschmuck. Leider werden die Friedhöfe sogar zu Allerheiligen immer früher wegen Vandalismus oder Satanisten oder Grabschänder nachts geschlossen. Und der Grabschmuck geklaut. Schade eigentlich.
Vielerorts stellt man zu Allerheiligen/Allerseelen auch zuhause eine brennende Kerze und Blumen auf und betet für die Verstorbenen. Oder man geht zum jüdischen Friedhof z.B. und stellt da eine Kerze auf. Einen Brauch für die Kinder, die ungetauft verstorben sind, gibt es ebenso. Laut christlicher Theorie sind sie ja im Limbus, na ja bis Papa Ratzi was anderes sagt. Laut Volksbrauch aber gehen sie mit Mutter Hel (der Todesgöttin Frau Holle) mit und wenn man sollte ihnen und anderen armen Seelen draußen eine Schale Milch und Brot nachts hinstellen. Weil sie zu Allerseelen mit ihr "Ausgang haben" und mit Frau Holle umherstreifen.
(Ich hoffe, jeder kennt das Märchen "Frau Holle"?
Die Geschichten von James Matthew Barrie von Peter Pan ab 1902 greifen mit seinen "verlorenen Jungen" irgendwie dieses Thema auf, nur ist hier Pan der, der diese Kinder besitzt. Neverland ist so etwas wie ein jenseitiges, phantastisches Land.)
Lest auch nochmals dazu bei "Limbo":
http://www.paranormal.de/jenseitsforum/view.php?nr=40870
Liebe Grüße -
Füchsin